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Wechseljahre zwischen Wissenschaft, Kommerz und gesellschaftlichem Wandel
Mit großer Resonanz fand am 1. und 2. November 2025 in Leipzig die Fachtagung „Alles Menopause oder WAS?!“ des Arbeitskreises Frauengesundheit in Medizin, Psychotherapie und Gesellschaft e. V. (AKF) statt. Expertinnen und Experten aus Medizin, Psychotherapie, Sozial- und Kulturwissenschaften sowie Politik und Gesundheitswesen diskutierten, welche Bedeutung die Wechseljahre für Frauen haben, wie Frauen in der Lebensmitte wahrgenommen werden – und wie eine gute, evidenzbasierte Versorgung in dieser Zeit aussehen kann.
Deutlich wurde: Die Wechseljahre sind kein Randthema, sondern ein Spiegel gesellschaftlicher Haltungen gegenüber Frauen, Alter und Gesundheit. Während in Medien und sozialen Netzwerken immer mehr Stimmen ein größeres Bewusstsein für die Perimenopause fordern, sind zugleich kommerzielle Anbieter auf den Zug aufgesprungen – mit teils fragwürdigen Heilsversprechen und hohem Marketingaufwand.
Einerseits ist es aus Sicht des AKF überfällig, dass diese wichtige Lebensphase endlich enttabuisiert und offen diskutiert wird. Andererseits sind viele Beschwerden in der Lebensmitte Studien zufolge nicht (nur) hormonell bedingt. „Viele Beschwerden, die den Wechseljahren zugeschrieben werden, entsprechen denen bei allgemeiner Überlastung“, betonte Juliane Sim, Vorsitzende des AKF. „Erschöpfung, Schlaflosigkeit und Reizbarkeit sind normale Folgen der Belastung unter anderem durch mehr Care-Arbeit, schlechtere Bezahlung und durch Lebensumbrüche – ganz zu schweigen von der Abwertung älterer Frauen in der Gesellschaft. Die Gefahr besteht, dass einseitig auf die Hormone geschaut wird und wieder einmal Lebensphasen von Frauen medikalisiert und auch kommerzialisiert werden.“
Der AKF mahnt an, diese Debatte auf wissenschaftlicher Grundlage zu führen. Dazu ist mehr Forschung nötig, um Wissenslücken zu füllen – zum Beispiel zum angeblich geringeren Risiko der niedrig dosierten Hormontherapie.
Eine sogenannte „nationale Menopausenstrategie“ sieht der Verein kritisch. Denn Belastungen und Beschwerden von Frauen müssen in allen Lebensphasen ernst genommen werden, sowohl in der Medizin als auch in der Arbeitswelt. Dafür nötig sind ganz unterschiedliche Maßnahmen – von gendersensiblem betrieblichem Gesundheitsmanagement bis hin zu einer angemessenen Vergütung von Beratung und sprechender Medizin.
Juliane Sim: „Wichtig sind die gendersensible Förderung von Gesundheitskompetenz sowie eine individuelle, evidenzbasierte Begleitung und Behandlung. Frauen benötigen keine speziellen Schutzkonzepte, sondern ernsthafte Zuwendung, Wissen und Stärkung in allen Lebensbereichen. Eine Voraussetzung dafür ist, dass verlässliche Informationen die Frauen erreichen und ihnen eine selbstbestimmte Entscheidung ermöglichen.“
Die Fachtagung wurde gefördert durch das Bundesministerium für Gesundheit (BMG).
Zitiert nach einer Pressemitteilung des Arbeitskreises Frauengesundheit (AKF) vom 03.11.2025.