Aktuelle Meldungen
Impfquote 15-jähriger Mädchen lag zum Ende des dritten Quartals 2024 deutschlandweit nur bei 49,5 Prozent
WIdO-Auswertung zum Internationalen Tag der Frauengesundheit
Starke regionale Unterschiede: In Bremen sind nur 32,9 Prozent vollständig gegen HPV geimpft, in Sachsen-Anhalt sind es 65,7 Prozent
Die Impfquoten gegen Humane Papillom-Viren (HPV) zeigen keine Fortschritte: Einer aktuellen Auswertung des Wissenschaftlichen Instituts der AOK (WIdO) zufolge lag die Impfquote bei AOK-Versicherten im dritten Quartal 2024 bei 15-jährigen Mädchen bundesweit bei nur 49,5 Prozent. Damit ist der Wert knapp 5 Prozentpunkte niedriger als im dritten Quartal 2023 (55 Prozent) und liegt sogar um etwa 10 Prozentpunkte unter dem Niveau vor der Corona-Pandemie (61 Prozent). WIdO-Geschäftsführer Dr. David Scheller-Kreinsen sagt: „Unsere Analysen zeigen erneut: Die Bundesrepublik ist noch sehr weit von dem erklärten Ziel der Weltgesundheitsorganisation (WHO) entfernt, nach welchem bis 2030 mindestens 90 Prozent der 15-jährigen Mädchen gegen HPV geimpft sein sollen.“
Die Impfung schützt vor Infektionen mit Hochrisiko-Stämmen der HP-Viren, die überwiegend bei sexuellem Kontakt übertragen werden und bei anhaltender Infektion im Verlauf der Zeit Gebärmutterhalskrebs auslösen können. Gebärmutterhalskrebs ist weltweit die vierthäufigste Krebserkrankung bei Frauen, in Deutschland erkrankten laut Zentrum für Krebsregisterdaten 2022 4.388 Frauen neu, 1.413 Frauen sterben daran.
Da die Impfung besonders dann effektiven Schutz bietet, wenn sie vor dem ersten Geschlechtsverkehr erfolgt ist, sind die Impfquoten der 15-Jährigen besonders relevant. Für einen vollständigen Schutz sind in der Gruppe der 9- bis 15-Jährigen zwei Impfungen nötig. Eine verpasste Nachholimpfung ist auf Kosten der gesetzlichen Krankenkassen aber bis zum 18. Geburtstag möglich.
Scheller-Kreinsen: „Wenn man nicht nur auf die WHO-Zielmarke der 15-Jährigen vollständig geimpften schaut, sondern den Blick etwas erweitert, fallen die Zahlen etwas positiver aus. Nimmt man die „nur einmal“ Geimpften hinzu, betrachtet also jene Gruppe mit begonnenen und noch nicht abgeschlossenen Impfungen, liegt die Impfrate bei den 15-Jährigen immerhin bei 61 Prozent. Hier muss darauf hingearbeitet werden, dass bis zum 18. Lebensjahr noch Impfserien abgeschlossen bzw. nachgeholt werden.“
Impfniveau bei Jungen weiterhin niedrig
Um Herdenimmunität in der Bevölkerung zu erreichen, wurde 2018 auch die HPV-Impfung für Jungen als Leistung der gesetzlichen Krankenkassen eingeführt. Sie trägt einerseits zum Schutz von Frauen und Mädchen vor einer Übertragung von Hochrisiko-Viren durch Geschlechtsverkehr bei. Andererseits schützt die Impfung die Jungen selbst vor der Entstehung von Anal-, Penis- und bösartigen Schleimhauttumoren des Mundrachenraumes.
Vollständig geimpft waren im dritten Quartal 2024 der WIdO-Auswertung zufolge jedoch nur 30 Prozent der Jungen, mindestens einmal geimpft waren immerhin 40 Prozent.
Entwicklung der Impfaktivität nicht ausreichend
Mit 49,5 Prozent liegt die Impfquote von Mädchen um knapp 5 Prozentpunkte niedriger als im Vergleich mit dem dritten Quartal 2023 (55 Prozent) und sogar um ca. 10 Prozentpunkte unter der Impfquote zum dritten Quartal 2019 vor der Corona-Pandemie (61 Prozent). Das liegt daran, dass jetzt Jahrgänge 15 Jahre alt werden, die während der Pandemie deutlich weniger Impfungen erhalten haben als die Jahrgänge vor der Pandemie.
„Im Gegensatz zur Impfquote bei 15-Jährigen beobachten wir bei der Anzahl der Impfungen insgesamt einen Anstieg auf das Niveau vor der Corona-Pandemie, während der es zu einem Einbruch in der Impfaktivität insgesamt gekommen ist. Diese aktuelle Entwicklung der Impfaktivität wirkt sich aber weniger auf vergangene Kohorten 15-Jähriger aus, sondern stärker auf die kommenden. Und obwohl sich die Impfaktivität wieder dem Niveau vor Corona annähert und sich auch die Impfquote entsprechend entwickeln wird, ist das nicht ausreichend, um dem WHO-Ziel deutlich näher zu kommen“, so Scheller-Kreinsen.
Für Jungen gibt es seit 2018 eine Impfempfehlung, die ab 2019 zunächst zu einem Anstieg der Impfquote geführt hat. So stieg die Impfquote von 2019 auf 2024 von 18 Prozent auf 30 Prozent. Jedoch ist auch bei den Jungen die Impfaktivität während der Corona-Pandemie deutlich eingebrochen und erholt sich erst langsam wieder.
Erhebliche Varianz zwischen den Bundesländern
Die WIdO-Auswertung zeigt zudem, wie stark die Impfquoten auf Ebene der Bundesländer variieren. So waren in Bremen im dritten Quartal 2024 nur 32,9 Prozent der 15-jährigen Mädchen vollständig gegen HPV geimpft, während in Sachsen-Anhalt die Quote mit 65,7 Prozent nahezu doppelt so hoch war. Scheller-Kreinsen: „Insgesamt zeigt sich, dass die Impfquoten in den östlichen Bundesländern (ohne Berlin) mit mindestens 60 Prozent deutlich höher sind als in den westlichen. Hier liegt die Impfquote im Schnitt bei nur 47 Prozent.“
Bei der Entwicklung der Impfquoten für Mädchen zwischen 2019 und 2024 unterscheiden sich die Bundesländer ebenfalls deutlich. Besonders hoch war der Rückgang der Impfquote im Saarland (-18 Prozentpunkte), während er in Brandenburg deutlich moderater ausgefallen ist (-7 Prozentpunkte).
Bei den Jungen fällt die Entwicklung der Impfquote in den Bundesländern ebenfalls sehr heterogen aus. Während die Impfquote in Mecklenburg-Vorpommern zwischen 2019 und 2024 von 32 Prozent auf 47 Prozent stieg, hat sie im gleichen Zeitraum in Bremen nur von 11 Prozent auf 18 Prozent zugenommen.
Auch europäischer Vergleich zeigt Potenzial auf
Im europäischen Vergleich schneidet Deutschland 2023 mit dem 19. Platz eher schlecht ab. Die vorderen Plätze mit einer vollständigen HPV-Impfung bei 15-jährigen Mädchen wurden 2023 von Island, Norwegen, Portugal, Spanien und Schweden mit einer Impfquote von 96 bis 85 Prozent erreicht. „Sowohl die Varianz in Europa wie auch innerhalb Deutschlands zeigt, dass für HPV-Impfungen als Präventionsmaßnahme noch viel Luft nach oben ist“, so Scheller-Kreinsen.
Zitiert nach einer Pressemitteilung des Wissenschaftlichen Instituts der AOK (WIdO) vom 28.05.2025